Japanische Blumenkunst - wie Ikebana Blumen zu neuem Leben erweckt

Japanische Blumenkunst - wie Ikebana Blumen zu neuem Leben erweckt

Ikebana, auch kadō – Weg der Blume – genannt, gehört neben der Teezeremonie und Kimono ebenfalls zur traditionellen Kunst. Es handelt sich dabei aber nicht bloß um hübsche Sträuße: Diese Art des Arrangements folgt einer ganz anderen Ästhetik als bei uns und zeigt eine lange Tradition der Beziehung zur Natur.

Ikebana - ein geschätztes Handwerk

Wenn ein Mann in Japan auf der Suche nach einer Ehefrau war, musste sie noch im letzten Jahrhundert unter anderem eines können: Ikebana. Das Erlernen dieser japanischen Kunst gehört sogar heute noch zur Vorbereitung junger Frauen auf die Haushaltsführung. Haben früher nur Mönche Blumen als Opfergaben für die Seelen Verstorbener arrangiert, verbreitete sich Ikebana seit seiner Entstehung als eigene Kunstform immer mehr in Japan. Von Adligen über Kaufleute bis hin zu einfachen Bürgern – die Blumensteckkunst wurde dekorativer Bestandteil des traditionellen Hauses, wo man Ikebana in einer speziellen Nische findet, die Tokonoma genannt wird. Während sich die Rolle der Frau in Japan gewandelt hat, änderte sich auch Ikebana, dessen Ästhetik immer mehr vom Westen beeinflusst wurde. Mit der Öffnung Japans im 19. Jahrhundert wurde Ikebana auch international beliebt.

Ikebana ist eine Kunst, in der sich der Schaffende ausdrücken kann. Obwohl das Ikebana-Arrangement festen Regeln folgt, kann er mit der Auswahl des Materials und der Anordnung eine eigene Interpretation davon schaffen. Mit den vielfältigen Arten sind Tausende von Ikebana-Schulen entstanden. Die erste davon war Ikenobō. Mönche eines buddhistischen Tempels in Kyoto wurden so genannt: ike steht für Teich und  für Hütte, denn die Mönche lebten in kleinen Hütten am Teich. Dieser Tempel, Rokkaku-dō, wurde vor 1400 Jahren gegründet und beherbergte den ersten Ikebana-Meister: Senno Ikenobō. Er machte im 15. Jahrhundert aus dem religiösen Blumenopfer eine eigenständige Form der Blumensteckkunst. Dort entstanden auch die ersten Richtungen und Bücher, die die Regeln der einzelnen Ikebana-Schulen und deren Richtung beschrieben, wie das erste Ikebana-Buch Sedensho.

Heute ist Ikebana für viele eher ein kreatives Hobby und Bestandteil traditioneller Feste. Trotzdem werden die Meister auch heute hoch angesehen und Ikebana-Gestecke erreichen einen hohen Preis.

Japanische Blumensteckkunst bedeutet mit der Natur zu arbeiten

Interessant ist, dass der Ikebana-Meister hier nicht zwischen Blumen und anderen Pflanzen unterscheidet – jede Pflanze ist schön, sogar Knospen und verwelkte Pflanzen, und alles von Baum bis Grashalm verdient die Bezeichnung „Blume“ (hana). Deshalb kommen nicht nur die Blumen selbst in die Ikebanagefäße, sondern auch andere Gewächse.

Die natürliche Kunst ist sehr saisonal. Pflanzen symbolisieren die Vergänglichkeit und Kraft der Natur, sodass beispielsweise auch wintergebeugte Pflanzen dem Gesteck hinzugefügt werden. Da die traditionelle Steckkunst im Raum mit den anderen Kunstwerken harmonisieren muss, muss die passende Art gewählt werden. Auch bei der Teezeremonie wird ihre Ästhetik mit einer oder zwei passend gewählten Blumen – Chabana – unterstützt.

Es gibt dabei einige verschiedene übergeordnete Stile: Der erste war Rikka, „stehende Blumen“, von dem aus sich andere Stile entwickelt haben. Rikka nutzt neun verschiedene Elemente, Yakueda, die mit verschiedenen Pflanzenarten dargestellt werden. Mit unterschiedlichen Größenverhältnissen, Winkeln und Richtungen symbolisieren sie Elemente der Natur und haben eigene Funktionen im Ikebana-Gesteck. Die Yakueda unterstützen einander und erzeugen eine spezielle Harmonie.

Nageire ist hingegen eher ungeordnet, was man schon an der Bedeutung „einwerfen“ erkennen kann, und basiert auf einem dreiteiligen, asymmetrischen Arrangement. Shōka nutzt ebenfalls drei Elemente – für Himmel, Erde und Mensch – und legt mit ihrer Einfachheit den Schwerpunkt auf die Schönheit der Pflanze, von denen jede eine eigene Bedeutung hat. Das Gefäß stellt hier den Ursprung des Lebens dar. Modernere Varianten der Shōka lockern die strenge klassische Kunst auf.

Kreativ werden kann man im Moribana- oder Jiyuka-Stil, den neueren freien Ikebana-Arten. Diese sind vor allem bei Anfängern und international beliebt. Jiyuka setzt abgesehen von Pflanzen auch künstliche Materialien ein.

Ikebana-Gestecke als Kunstwerk

Bei Ikebana geht es also nicht nur darum, das Gesteck schön aussehen zu lassen. Der Künstler arbeitet nach einem speziellen Muster, das sich unter anderem je nach Meister und nach Jahreszeit unterscheidet. Farbkombinationen, Formen, elegante Linien und Bedeutungen der Blumen spielen dabei eine Rolle.

Eine Möglichkeit ist zum Beispiel das Arbeiten mit Verhältnismäßigkeiten, in denen die Pflanzen gekürzt werden, damit sie eine Balance zwischen den Elementen des Ikebana-Gestecks einhalten. Um solche Muster erreichen zu können, müssen die Stiele der Pflanzen mit einer Ikebana-Schere zugeschnitten werden. Während bei uns alle Stiele gerade nach oben schauen, zeigen die Blumen beim japanischen Blumenarrangement je nach Art in unterschiedliche Richtungen und erzeugen so ein plastisches Kunstwerk. Das ist möglich, weil die Blumen im Steckigel platziert werden, der Kenzan genannt wird. Dieser liegt beim Arrangieren in einer mit Wasser gefüllten Schale. Vor dem Einstecken werden die Enden der Stiele etwas angeschnitten, damit sie besser auf den Spitzen des Blumensteckigels halten. In anderen Techniken der Blumensteckkunst verwendet man Kubari – Zweigstückchen, die die Blumen im Gesteck fixieren – oder bindet die Stängel zusammen.

Für jede Art gibt es passende Ikebana-Vasen. Gefäße für Nageire sind schmal und zylindrisch, Rikka- und Shōka-Vasen sind oft zwischen 20 und 30cm hoch, symmetrisch und öffnen sich nach oben. Verschiedene Arten von ausgefallenen Vasen mit mehreren Öffnungen findet man dagegen im Jiyuka-Stil. Für Moribana verwendet man eher flache Schalen mit einer breiteren Öffnung.

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