Japanische Trink-Kultur im Izakaya

Japanische Trink-Kultur im Izakaya

Japanische Trink-Kultur im Izakaya

Die Sonne geht unter und ein langer Arbeitstag in einer japanischen Großstadt neigt sich dem Ende zu. Wohin zieht es die Massen von Büroarbeitern, genannt Salarymen, ihre Vorgesetzten und Kollegen? Natürlich in die Kneipen der Stadt. Und zwar nicht irgendwelche: Izakaya sind die traditionellen, japanischen Gastro-Bars, in denen man sich als Besucher auskennen sollte.

Izakaya in Japan: Restaurant oder Kneipe?

Izakaya können verschiedene Formen annehmen: Von kleinen, traditionellen Familienbetrieben bis zu großen, lauten Ketten-Etablissements. Es ist in Japan das populärste Ausgehziel: Über 80.000 Izakaya säumen dort die Straßen. Tagsüber sind viele Izakaya geschlossen und öffnen erst zum Feierabend ihre Pforten. Man findet sie vor allem in der Nähe von Bahnhöfen oder Hotels, in Ausgehvierteln oder Einkaufszentren. Traditionelle Izakaya sind an einer roten Laterne, der Akachochin, am Eingang und traditioneller, japanischer Musik im Hintergrund zu erkennen. Dort kann man statt in einer Speisekarte auf Papierstreifen lesen, welche Gerichte dort angeboten werden. Für ausländische Besucher sind dagegen besonders die großen Bars attraktiv, die mit buntem Menü, hilfreichen Fotos und sogar englischen Erklärungen locken.

Wer ein Izakaya in Japan betritt, dem eröffnet sich die Welt der gepflegten, lokalen Ausgeh-Kultur. Oft haben Izakaya eine Bar, an die man sich als Besucher setzen und direkt in die Küche schauen kann, lange Tische oder Plätze für wenige Personen. Im Sommer gesellt man sich auch gern draußen zur Trinkgesellschaft. Manche Kneipen haben auch Stehtische, während Izakaya jedoch wörtlich „Sake-Laden zum Hinsetzen“ bedeutet. Sie können aber als eine Art Restaurant angesehen werden, da man hier auch gut essen kann. In der modernen Variante können Gäste sogar am Tablet bestellen statt beim Kellner.

Viele Izakaya in Japan haben getrennte Räume, die man mit Schiebetüren schließen kann. Auf den Tatami-Matten darin prangt in der Mitte ein niedriger Tisch. Hier knien sich die Kollegen oder Freunde hin und genießen in einer privaten Atmosphäre Speis und Trank. Je später die Stunde, desto lauter hört man die fröhlichen Gruppen reden und lachen.

In dieser Bar bleibt niemand hungrig

Für das leibliche Wohl ist im Izakaya gesorgt, vom schnellen Sake bis zur kompletten Mahlzeit, deswegen werden sie oft mit Restaurants gleichgesetzt. Natürlich ist hier die Küche typisch japanisch. Essen gibt es aber nur in kleinen Portionen, die Sakana genannt werden. Das Wort, das eigentlich „Fisch“ bedeutet, steht hier für die Häppchen, die man zum Alkohol konsumiert und miteinander teilt. Mit der ersten Bestellung bekommen die Gäste schon kleine, saisonale Vorspeisen serviert, die Otoshi (oder in der Kansai-Region Tsukidashi) genannt werden. Auch hier steht in der Küche Qualität im Mittelpunkt. Japanische Izakaya-Gerichte sind etwa:

Bar
  • Sashimi und Sushi
  • Gebratener Fisch und Kaviar
  • Grüne, gekochte Edamame-Bohnen
  • Frischer weißer Tofu, oft in Sojasauce mit Frühlingszwiebeln (Hiyayakko) oder frittiert und als Agedashi Tofu in Brühe serviert
  • Tsukemono – lecker süß-sauer eingelegtes Gemüse wie Rettich, Ingwer und Pflaumen
  • Koreanisches, scharfes Kimchi
  • Frittierte Meeresfrüchte oder Gemüse: Tempura
  • Hähnchen in Form von Yakitori, gebratenen Spießen, oder frittiert als Karaage
  • Ebenfalls frittiert werden Korokke aus Kartoffeln und Krabbenfleisch
  • Onigiri-Reisbällchen mit verschiedenen Füllungen
  • Erdnüsse und Reiscracker

Herzhaftere japanische Gerichte aus Nudeln oder Reis werden bei längeren Aufenthalten auch gerne gegessen, meistens am Ende der Zusammenkunft. Manche Izakaya bieten sogar Okonomiyaki und Oden an. Letzteres ist eine Suppe aus Dashi-Fischbrühe mit Fischkroketten, Eiern, Tofu, Algen und Rettich sowie einer Reihe von anderen möglichen Zutaten. Gerade im Winter ist diese heiße, sättigende Spezialität beliebt. Dessert ist im japanischen Izakaya hingegen leider nicht so weit verbreitet.

Was trinkt man aber nun im Izakaya? Klassisch ist natürlich der Sake, der in Japan Nihonshu genannt wird, aber auch Bier, Wein und härtere Spirituosen wie Whisky sind populär. Shochu, eine Art Schnaps aus Reis oder Kartoffeln, wird ebenfalls gerne bestellt, am liebsten als Highball – gemischt mit Limonade. Spirituosen werden auch häufig mit Zitronensaft und Sirup serviert, was den sogenannten Sour Mix ergibt. Alle, die nüchtern bleiben wollen, können auch Softdrinks oder Tee bestellen.

Trinken auf Japanisch – aber richtig

Etwas trinken zu gehen ist in Japan natürlich kein einfacher Zeitvertreib, sondern mit eigenen Regeln verbunden. Der Izakaya-Besuch beginnt mit dem Eintreten. Ein freundlicher Kellner begrüßt Sie mit einem Lächeln und weist Ihnen einen Platz zu. Wenn Sie einen der Tatami-Räume betreten: Schuhe ausziehen nicht vergessen! Dafür gibt es sogar Schließfächer. Sobald Sie sich gesetzt haben, bekommen Sie ein kleines, weißes Frotteetuch zum Reinigen der Hände, das Oshibori genannt wird. Im Winter wird es vorher erwärmt: Ein wohltuender Start, wenn man gerade aus dem Kalten kommt. Nachdem die Hände sauber sind, wird das Tuch wieder auf dem Tisch beiseitegelegt.

Alkohol

Dann kann bald angestoßen werden. Bestellt wird zuerst oft Nama Biiru, nämlich Bier vom Fass, oder eine Flasche Sake für die ganze Runde. Ist man häufiger Kunde in der Bar, bewahren viele Izakaya sogar angefangene Flaschen für das nächste Mal auf.

Wenn man mit Kollegen unterwegs ist, kommt die Hierarchie aus dem Büro mit in die Kneipe: Dann muss etwa der jüngste Mitarbeiter das Glas des Chefs füllen. Handelt es sich dabei um Sake, will richtig einschenken erst einmal gelernt sein. Meist kommt der Reiswein in einer kleinen Karaffe namens Tokkuri und wird in ein kleines Glas gegeben, oder aber in ein Masu, eine kleine quadratische Schale aus Holz. Das Tokkuri wird mit einer Hand oben am Hals festgehalten, die andere stützt von unten. Der Empfänger wiederum nimmt seine Schale ebenfalls mit zwei Händen.

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Der rangniedere Gast muss im Laufe des Abends aufpassen, dass das Glas seines Vorgesetzten nicht leer bleibt. Alle anderen tun das wiederum gegenseitig für ihre Kollegen. Selbst wenn sich jemand wehrt, dann meist aus Höflichkeit. Deshalb: Wenn Sie nichts mehr trinken möchten, bloß nicht das Glas leeren, denn sonst wird es sofort aufgefüllt! Ein absolutes No-Go ist es, sich selbst etwas einzuschenken. Auch beim Essen gibt es Regeln: Jeder zückt erst dann die Stäbchen, wenn der Ranghöhere beginnt.

Eine Besonderheit im Izakaya – wie in jeder japanischen Bar – ist auch, dass dort immer noch überall geraucht werden darf. Auf der Straße dagegen ist es oft verpönt, dort gibt es dafür extra Raucherzonen.

Bezahlen im Izakaya: Eine Frage der Kultur

Ein Kneipenbesuch kann in Japan schnell teuer werden, da man nicht nur für Getränke und Speisen, sondern auch eine Tisch-Pauschale bezahlt, und zwar in Form der Otoshi zu Beginn: Die 200 bis 700 Yen (also 1,50 bis 5,50 Euro) pro Person kommen zur Rechnung dazu, ob man die Vorspeise nun wollte oder nicht. Meistens wird die Rechnung bei Gruppen auf alle aufgeteilt: Getrennt zu zahlen ist in Japan nicht üblich. Die meisten Izakaya akzeptieren außerdem nur Bargeld. Bei Angestellten entfallen die Kosten traditionell auf den ranghöchsten Kollegen oder Vorgesetzten, oder aber sie werden ausgelegt und am nächsten Tag individuell zurückgegeben.

Um sich das Leben einfacher zu machen, bestellen Japaner auch gern ein Nomihodai – „All you can drink“ oder Tabehodai, „All you can eat“. Die Getränke-Flatrate kostet ab 2000 Yen pro Person, also etwa 15,50 Euro. So kann jeder am Tisch innerhalb von zwei Stunden so viel konsumieren, wie er möchte. Um Trinkgeld muss man sich in Japan außerdem keine Sorgen machen: Guter Service wird vorausgesetzt und muss nicht gesondert vergütet werden. Im Gegenteil – wenn man etwas mehr gibt als auf der Rechnung steht, wird der Kellner alles daransetzen, den überschüssigen Betrag wieder zurückzugeben.

Ausländer werden im Izakaya gern herausgefordert, zu zeigen, wie viel sie trinken können – die Einheimischen möchten sich schließlich amüsieren. Auch Trinkspiele sind sehr beliebt, um sich die Zeit noch lustiger zu vertreiben. Bei Japanern ist dann aber schnell Schluss. Wer schon einmal spätabends in einer japanischen Großstadt unterwegs war, besonders am Freitag in der Nähe von Bahnhöfen oder in Zügen, wird die Scharen fröhlicher, übermüdeter oder gar schlafender Salarymen erlebt haben. Nicht alle sind freiwillig dort: Die gesellschaftliche Konvention verlangt, einer Einladung des Vorgesetzten zum gemeinsamen Trinken immer zu folgen. Auch wenn man am nächsten Tag um 7 Uhr wieder im Büro sein muss.

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Gibt es Izakaya auch bei uns?

Wem eine traditionelle Kneipe zu langweilig ist, der kann sich auch unterhalten lassen. Mit Live-Musik, Shows, Kostümen und speziell aufgemachten Speisen sind einige Izakaya inzwischen einem bestimmten Thema gewidmet, etwa Ninja, japanischen Grundschulen, Samurai, Eisenbahnen oder Anime. Doch nicht nur in Japan kann man die dortige Kneipen-Kultur erleben. Izakaya im japanischen Stil findet man vor allem im Düsseldorfer Japan-Viertel, aber auch in großen Städten wie Berlin, München, Frankfurt und Köln. Vorsicht bei der Auswahl: Dahinter kann sich auch ein „gewöhnliches“ japanisches Restaurant statt Izakaya verbergen. Diesen Namen hat aber auch ein Restaurant in Hamburg, das für ausgefallene Küche und Einrichtung bekannt ist. In der Speisekarte des „Izakaya“ in Hamburg verschmelzen Japan und Südamerika zu einem Gourmet-Erlebnis. Ob man in Japan in die Izakaya-Kultur eintaucht oder in Deutschland Neues probiert: Bei einem Besuch der japanischen Kneipe gilt es vor allem, neugierig und offen zu bleiben und sich von der guten Laune der Nachbarn anstecken zu lassen. Kanpai – Prost!

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