Koi-Karpfen: Der Fisch, der den Wasserfall bezwang

Koi-Karpfen: Der Fisch, der den Wasserfall bezwang

Bunt, einzigartig und aus keinem japanischen Teich mehr wegzudenken: Das ist der Koi, der Nationalfisch Japans. Einst eine Entdeckung von Reisbauern aus dem Westen Japans, findet man diese Karpfen nun weltweit in Seen, Gartenteichen und Flüssen. Ihre schillernden Farben sind aber nicht der einzige Grund, warum die ganze Welt von den Fischen begeistert ist.

Was kosten Koi-Karpfen?

Koi heißt im Japanischen schlicht „Karpfen“, und die Fische, wie wir sie kennen, werden in Japan wiederum Nishikigoi genannt – „Brokatkarpfen“. Der namensgebende Stoff verweist darauf, wie wertvoll so ein Koi sein kann: Der teuerste Karpfen weltweit wurde für 1,5 Millionen Euro verkauft, aber auch im Durchschnitt kostet ein Fisch aus einer normalen Züchtung 5000 Euro. Wer gibt so viel Geld für einen Koi-Karpfen aus?

Die „Koi-Verrückten“ werden Koi Kichi genannt, die die Tiere in ihrem Gartenteich pflegen und heranwachsen sehen. Nicht nur deren schöne, farbenfrohe Schuppenmuster und menschenbezogenes Wesen sind ihren Preis wert. Kois können auch noch so lange wie ein Mensch leben: 70 - 80 Jahre, manche Exemplare sollen sogar über 200 Jahre alt geworden sein. Wer also beschließt, einen Koi bei sich aufzunehmen, trifft unter Umständen eine Entscheidung fürs Leben. Im Durchschnitt ist die Lebenserwartung der Karpfen bei guter Pflege jedoch 20 - 35 Jahre.

Die Zucht ist aufwändig und kompetitiv: Es gibt heute von ursprünglich 6000 nur noch 200 Züchter in Ojiya, von denen die meisten Familienbetriebe sind. Mit den etwa 200 Elternfischen, Oyagoi, schlüpfen jedes Jahr Tausende kleine Karpfenfische – doch nur einige davon werden ausgewählt, Teil des Schwarms zu werden. Mit diesen handverlesenen Kois wird die Zucht fortgeführt.

Vom Palast in den Teich

Es begann in der Präfektur Niigata, an der Westküste der Hauptinsel Honshu in Japan. Um 1500 kamen dort die ersten Karpfen aus China an. In die ausgehobenen Reisfelder der Stadt Ojiya wurden jedoch erst vor rund 200 Jahren die ersten bunten Fische aufgrund ihrer Schönheit gesetzt. Nachdem sie ursprünglich für den Verzehr gedacht waren, schmückte der Koi nun die monochrome Landschaft – denn jeden Winter färbt meterhoher Schnee die Stadt weiß.

Koi Fische in Teich

Im Laufe der Zeit kamen durch gezielte Zucht die natürlichen und einzigartigen Zeichnungen der Fische immer mehr zur Geltung: weiß, schwarz, orange und sogar gelb und metallic. Diese neue Züchtung wurde um die Zeit bekannt, als der damalige Kronprinz Hirohito 1914 sieben Kois in den Graben rund um seinen Palast setzte, die er als Geschenk bekommen hatte. 27 Karpfen aus Niigata belegten den zweiten Platz der Taisho-Ausstellung in Tokio. Diese Ausstellung wurde unter anderem organisiert, um den technischen und kulturellen Fortschritt in Japan zu präsentieren.

So wurden die Karpfen offiziell zum Kulturgut Japans und erregten internationale Aufmerksamkeit. Zehn Jahre später wurde zum ersten Mal ein Koi aus Japan exportiert.

Welche Koi-Arten gibt es?

Es gibt über 100 verschiedene Arten von Koi-Karpfen, die sich in ihrer Farbe unterscheiden. Züchter lassen dabei immer neue Arten und Unterarten entstehen, unter anderem diese:

  • Kohaku ist die älteste und bekannteste Art des Koi, weiß mit roten Flecken
  • Beim Sanke kommen noch kleinere schwarze Muster dazu
  • Der Körper des Showa ist glänzend schwarz, mit weißen und roten Flecken
  • Rein schwarz-weiß dagegen ist die Sorte Bekko
  • Der Ogon ist ein metallic-silber über goldgelb bis orangefarbener Koi
  • Schöne schwarze bis hellblaue Zeichnungen findet man auf dem Rücken des Asagi
  • Der Koi Kinginrin zeichnet sich durch seine golden oder silbern glänzenden Schuppen aus
  • An einen Drachen erinnert der Butterfly Koi mit seinen großen, fransigen Flossen

Abgesehen von der Zeichnung achten Züchter auch auf den Körper der Fische. Er darf weder zu dünn noch zu dick sein, gut proportioniert und torpedoförmig. Die Größe spielt ebenfalls eine Rolle: Manche Kois können über einen Meter lang werden, wobei die Weibchen durch ihr aggressiveres Fressverhalten schneller wachsen als Männchen. Im Durchschnitt messen sie 55-66 cm, größere Arten werden bis zu 90 cm lang.

In Japans Teichen tummelt sich seit 1904 auch der deutsche Karpfen. Doitsugoi werden diese Arten genannt, die sich unter die japanischen Fische gemischt haben und neue Züchtungen haben entstehen lassen. Dabei handelt es sich um schuppenlose Fische oder Varianten mit einzelnen Schuppenreihen in den unterschiedlichen Färbungen, die für den Koi typisch sind.

Koi-Haltung: Fressen und gefressen werden

Wer sich einen Koi nach Hause holt, erhält nicht nur ein Stück Japan, sondern auch – anders, als man es von einem Fisch erwartet – einen zutraulichen Begleiter. Sie wachsen zu sehen, ist eine lohnende Beschäftigung: Erst mit dem Alter kommt das Wesen und Muster eines Koi erst richtig zur Geltung.

Die Karpfen sind anspruchsvoll in der Haltung, was für ihre Fans allerdings gerade ihren Reiz ausmacht. Die geselligen Kois fühlen sich in Teichen, Seen und ruhigen Flüssen wohl, solange die Wasserqualität stimmt. Die Gewässer sollten idealerweise 15 - 20 Grad warm und mineralreich sein und so sauber wie möglich gehalten werden. Die Karpfen brauchen auch viel Platz: Für fünf Kois reicht zum Beispiel ein Teich mit einer Größe von 15 Quadratmetern, solange er mindestens 90 cm tief ist. Die Gestaltungselemente des Teichs, wie etwa Brücken und Steindekorationen, dienen den Fischen als Versteck und Sonnenschutz.

Koi Teich mit Sonnenschirm bedeckt

Um dem Koi ein langes und gesundes Leben zu ermöglichen, muss zuerst einmal natürlich das Futter stimmen. Kois haben eine anatomische Besonderheit: Sie besitzen keinen Magen. Daher sollten sie möglichst leicht verdauliches Futter bekommen. Mit ihrem geraden Darm können sie Futter in etwa 4 Stunden verdauen, daher sollten sie in diesem Intervall gefüttert werden. Im Fachhandel findet man spezielle Mischungen für die Fische. Im Sommer beinhaltet das Koi-Futter idealerweise viele Proteine, im Frühling und Herbst basiert es auf Keimen.

Koi im Winterschlaf

Generell sind Kois Allesfresser und ernähren sich in freier Wildbahn von Algen, Pflanzen, Schnecken, Krebsen und Insekten. Sogar kleinere Fische stehen auf ihrer Speisekarte. Deshalb sollte man mit anderen Fischarten im Teich vorsichtig sein: Während sie problemlos mit anderen Arten wie Goldfischen zusammenleben können, fressen diese Karpfen so ziemlich alles, was ihnen ins Maul passt. Genau wie Menschen brauchen aber auch sie eine ausgewogene Ernährung und können als Kohlenhydratquelle sogar Obst und Gemüse bekommen. Futter mit zusätzlichem Karotin begünstigt übrigens die Entwicklung der roten Färbung ihres Körpers.

Über den Winter werden die Fische wiederum wenig bis gar nicht gefüttert. Sie verbringen die kalten Monate schlafend auf dem Teichboden, während ihr Stoffwechsel und Wachstum reduziert sind. Die anpassungsfähigen Fische können so in bis zu drei Grad kaltem Wasser überleben. Kleine Kois (bis zu 10 cm) sollten jedoch lieber in beheizten Becken überwintern, um weiter wachsen zu können.

In Japan werden die im Freien lebenden Fische über den Winter in wärmere Becken transportiert, da die ehemaligen Reisfelder, in denen sie dort leben, für einen ausreichenden Wärmeaustausch für die Karpfen meist nicht tief genug sind. Doch jeder Teich ist anders und sollte entsprechend behandelt werden. Das Zufrieren, das den Sauerstoffhaushalt beeinträchtigen kann, lässt sich vermeiden, indem man eine Abdeckung über den Teich legt. Ansonsten kann man den Gasaustausch und Sauberkeit im Teich, der für die Wasserqualität und Zufriedenheit der Koi-Karpfen entscheidend ist, mit speziellen Pumpen und Filtern regulieren.

Kois: Die wichtigsten Fische Japans

Koi Nobori in Dorf

Was haben die Karpfen damit zu tun? Sie stehen für Ausdauer, Stärke und Erfolg, aber auch Weisheit, Loyalität und Langlebigkeit. Ein Koi schwimmt flussaufwärts gegen den Strom und gibt nicht auf, wenn er auf Hindernisse stößt. Genau diese Eigenschaften sollen auch die Kinder haben. Jede Familie kann ihre eigenen Koi Nobori aufhängen: Der große schwarze Karpfen steht dabei für den Vater, der rote Koi für die Mutter und die kleineren blauen Fische für die Kinder. Die bunt geschuppten Fahnen repräsentieren den Fluss des Lebens, in denen sich die Karpfen – beziehungsweise Familienmitglieder – unermüdlich bewegen.

Einer chinesischen Legende nach stieg ein Koi sogar einen Wasserfall hinauf und flog als Drache in die Lüfte. Kein Wunder also, dass der farbenfrohe Karpfen in Japan sowohl ästhetisch als auch symbolisch fasziniert.

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