Reis - Kleines Korn mit großer Bedeutung
Bei dem Begriff „japanisches Essen“ kommt Ihnen vielleicht sofort Reis in den Sinn. Zu Recht: Tatsächlich scheint es Grundnahrungsmittel Nummer eins in der japanischen Küche zu sein, wo es Reis in vielen verschiedenen Sorten, Zubereitungsarten und Gerichten gibt. Die Ästhetik wird bei der Auswahl der Reissorten sehr geschätzt und das Getreide symbolisiert Stärke, Schönheit, sowie ein gesundes und glückliches Leben. Aber Reis ist nicht nur ein Lebensmittel, sondern seit über 3000 Jahren ein wichtiger Bestandteil der japanischen Kultur, die vom Reisanbau geprägt ist.
Wertvoller Rohstoff
Möchte man in einem japanischen Supermarkt Reis kaufen, wird man wohl erst einmal staunend vor dem Regal stehen – denn viel weniger als 500 Yen (ca. 4,40 Euro) wird ein Kilogramm Reis nicht kosten. So teuer, wo doch überall Reisfelder die japanische Landschaft säumen? Das liegt daran, dass der Import von Reis in Japan gesetzlich verboten ist, um die lokale Landwirtschaft zu unterstützen. Da aber im Inselstaat verhältnismäßig viele Menschen leben (durchschnittlich 337 Einwohner auf einem Quadratkilometer – in Deutschland sind es 230), ist es schwierig, alle mit viel Reis zu versorgen. Besonders, wenn immer weniger Land zur Verfügung steht. Daher ist Reis wirtschaftlich gesehen eher ein Luxusgut auf den japanischen Inseln.
Zwar wurde Reis in Japan wahrscheinlich schon um 1000 v. Chr. angebaut und versorgte viele Bewohner: Das Wort für gekochten Reis im Japanischen, gohan, kann auch „Mahlzeit“ bedeuten. Bis zur Edo-Periode, die 1603 begann, konnten aber wahrscheinlich längst nicht alle täglich Reis essen, denn in den Bergen oder im kalten Norden war es zunächst technisch nicht möglich, ihn anzubauen. Lange diente er als Währung und der Besitz einer großen Menge des wertvollen Getreides war ein Statussymbol. Daher gilt es auch heute noch als unhöflich, Essen auf dem Teller zurückzulassen – anders als in China.
Heute ist Reis aber nicht nur die weltweit wichtigste Nutzpflanze, sondern auch die mit den meisten Sorten. Kein Wunder, dass sich der Reis in Japan stark von dem unterscheidet, was wir kennen.
Essbares Kulturgut
Die ländliche Tradition des Reisanbaus spiegelt sich in Festivals wider, wenn im Mai das Säen des ersten Reissamens und im Oktober und November die Ernte gefeiert wird. In der japanischen Sprache ist außerdem eine Vielzahl von Sprichwörtern angesiedelt, die sich um Reis drehen, wie zum Beispiel „Wasser über das eigene Reisfeld geben“ für eigennütziges Verhalten. Für jeden Anlass gibt es ein eigenes Reisgericht: Zur Hochzeit kocht man zum Beispiel Sekihan, roten Reis mit Azuki-Bohnen. Die berühmte japanische Brotdose, Bentō, ist nur mit Reisbällchen vollständig, die es in allen möglichen Formen gibt: Onigiri. Diesen beliebtesten japanischen Snack kann man auch mit Algenblättern umwickeln und beim Füllen und Bestreuen seiner Kreativität freien Lauf lassen.
Reis ist für Japaner aber nicht nur zum Essen da: Traditionell wird er auch für Sake, Tatami-Matten, in Bucheinbänden und sogar in der Kimonoherstellung benutzt. Auch wenn heute nur noch 3,5 % der Bevölkerung in der Landwirtschaft tätig sind (im 19. Jahrhundert waren noch 80 % der Japaner Bauern), definiert Reis immer noch das japanische Selbstbild. Zum japanischen Haushalt gehört unbedingt ein Reisschalen-Set: Jeder in der Familie hat seine eigene Reisschale, zusammen mit einem eigenen Paar Essstäbchen.
Vielfalt japanischer Reissorten
Am wichtigsten in Japan ist der Japonica, oder Rundkornreis. Was ihn so anders macht, ist seine Klebeigenschaft: Langkornreis, wie er bei uns verbreitet ist, ist dafür einfach zu trocken. Japanischer Reis wird in die „normale“ Sorte Uruchimai, und Klebreis, Mochigome, unterteilt. Uruchimai bildet die Grundlage vieler Reisgerichte, während Mochigome unter anderem für Mochi, Reisküchlein mit süßer Füllung, verwendet wird. Mochi sind aus der japanischen Tradition nicht mehr wegzudenken: Man isst sie gern zu Neujahr und kreiert heute daraus eine Menge verschiedener Desserts wie Kuchen oder Parfait.
Koshihikari ist eine sehr beliebte Uruchimai-Sorte, wie es sie auch bei uns zu kaufen gibt. Gleichzeitig ist es die am meisten angebaute Reissorte Japans. Genau wie Sasanishiki gehört er aber zu den qualitativ hochwertigen und daher teureren Variationen. Dass diese beiden Sorten in Japan so gefragt sind, zeigt, dass man hier viel Wert auf Qualität legt und dafür lieber weniger Reis konsumiert.
Bei der Auswahl ist es wichtig zu wissen, welcher Reis für welches Reisrezept am besten geeignet ist. Für Sushi nimmt man in Japan am liebsten Sasanishiki, da er etwas weniger klebrig ist als Koshihikari. Letztere Sorte findet man dagegen häufig als Beilage in der Reisschale oder in Onigiri.
Reis kochen wie in Japan
Trotz seiner Alltäglichkeit ist es eine Kunst, Uruchimai mit seinen Eigenarten richtig zu kochen. Mit ein paar einfachen Tipps können auch Sie die perfekte Schale japanischen Reis zubereiten.
Aufpassen sollten Sie schon bei der Aufbewahrung: So dunkel, trocken und kühl wie möglich, dazu noch luftdicht verschlossen – so bewahren Sie den Geschmack am besten. Vor dem Kochen sollten Sie den Reis außerdem unbedingt waschen. Dazu nehmen Sie am besten kaltes Wasser und bedecken damit den Reis, dann wirbeln sie ihn mit der Hand durch. Wechseln Sie das Wasser so lange (ungefähr vier Mal), bis es fast klar ist. Keine Sorge, völlig klares Wasser werden und müssen Sie nicht erreichen. Lassen Sie den Reis danach gut abtropfen, damit kein überschüssiges Wasser im Spiel ist.
Zum Kochen benötigt der Uruchimai nicht viel Wasser: Auf eine Tasse Reis kommen eine Tasse und zwei Esslöffel Wasser. Für trockenen Reis reicht auch eine Tasse. Damit der Reis gleichmäßiger kocht und locker wird, können Sie ihn vor dem Kochen noch 10-30 Minuten im Wasser einweichen lassen.
Jetzt verschließen Sie den Reistopf – am besten mit einem schweren Deckel, damit kein Dampf heraustreten kann – und bringen den Inhalt zum Kochen. Sobald Sie das Wasser kochen hören, verringern Sie die Hitze und kochen den Reis so lange, bis er das Wasser vollständig aufgenommen hat (etwa 10 Minuten). Vermeiden Sie es, den Deckel während der Zubereitung zu öffnen, damit eine gleichmäßige Kochtemperatur bestehen bleibt. Nehmen Sie den Reis dann vom Herd und lassen ihn weitere 10 Minuten verdeckt stehen, damit die richtige Konsistenz erreicht wird. Fertig!
Klebreis wird übrigens ähnlich zubereitet, nur lassen sie ihn am besten über Nacht quellen, mindestens aber zwei Stunden: Je länger, desto kürzer wird die Garzeit. Was ihn von normalem Reis unterscheidet: Der perfekte Mochigome wird gedämpft, nicht gekocht.
Genießen Sie Ihren Reis auf die japanische Art mit Umeboshi – eingelegten Pflaumen.