Nanbu Tekki – Japanisches Gusseisen für die Ewigkeit
Woraus bestehen die robustesten traditionellen japanischen Pfannen, Töpfe und Teekannen? Richtig: Aus japanischem Gusseisen. Nanbu Tekki heißt „Eisenwaren aus Nanbu“ und steht für handgemachte, nachhaltige Kunst. Das japanische Gusseisen aus der Präfektur Iwate ist einzigartig und weltbekannt. Aber was macht es so besonders?
Seit Jahrhunderten handgemacht – Gusseisen Iwate
Die Stadt Morioka ist seit 1633 Verwaltungssitz der Präfektur Iwate und hieß in der Edo-Zeit (1603-1868) Nanbu – oder, je nach Schreibweise, Nambu. Die Ruinen des Schlosses erinnern an die damalige Herrschaft des gleichnamigen Klans in Morioka. Dorthin wurden im 17. Jahrhundert Handwerker aus Kyoto eingeladen, die zum ersten Mal die berühmten schwarzen Eisenwaren herstellten. Ursprünglich waren es Kessel, Tempelglocken und Waffen. Dann machte man die Kessel kleiner und fügte noch Henkel und Ausguss hinzu – fertig war der erste Nanbu-Tetsubin. Noch heute wird japanisches Gusseisen vor allem mit Teegeschirr assoziiert.
Warum Iwate? Die Präfektur bietet einen reichen Vorrat an Rohstoffen: Eisenerz, Kohle und Lehm. Nambu Ironware wird dort außerdem auch in Mizusawa, heute Teil der Stadt Ōshū, produziert. Dort begann die Geschichte der Eisenherstellung für buddhistische Zeremonien und Rüstungen schon im 12. Jahrhundert. Erst seit 1960 jedoch werden die Eisenwaren Nanbu Tekki genannt, und seit 1975 ist diese Art der Gusseisen-Herstellung offiziell eine traditionelle Handwerkskunst Japans. Die Produktion erfolgt immer noch per Hand und im Familienbetrieb. Die bekanntesten japanischen Gusseisen-Schmiede in Morioka heißen Iwachu, gegründet 1902 und OIGEN, gegründet 1852.
Japanisches Gusseisen aus Iwate - Manufaktur Iwachu
Japanisches Gusseisen – nicht nur für die Küche
Die Nanbu-Tekki-Tetsubin (Wasserkessel) (Tetsubin) sind die traditionellsten Wasseraufbereiter, die es gibt. Wer sein Teewasser in hochwertigen Tetsubin kocht, erhält ein weicheres, mit Mineralien und Eisen angereichertes Teewasser mit weniger Chlor – die ideale Grundlage für höchsten Teegenuss.
Kocht man Wasser in traditionellen Tetsubin, sollte man nicht in höchster Eile sein. Man erhitzt das Wasser mit maximal halber Stufe und lässt das Wasser, nachdem es koch, noch ca. 2-3 Minuten köcheln. So kann sich das Wasser optimal anreichern und wird schön weicht. Getrocknet wird der Tetsubin, indem man die Feuchtigkeit bei offenem Deckel und noch heißem Wasserkessel verdunsten lässt. Um Schäden zu vermeiden, sollte kein eiskaltes Wasser nicht in den heißen Tetsubin gegeben werden.
Abgesehen von Tetsubin sind besonders die japanischen Reistöpfe und Gusseisen-Grillpfannen beliebt. Mit Zugabe von etwas Öl bleibt kaum etwas an der Pfanne haften und die Gerichte bekommen zusätzlich wertvolles Eisen und ein herrliches Aroma.
Heute wird in Iwate aber nicht nur Geschirr hergestellt, sondern auch unter anderem Aschenbecher, Flaschenöffner, Windspiele, Vasen und Dekofiguren. Das bekannte bronzefarbene Glocken-Windspiel aus dem japanischen Gusseisen heißt Nanbu Fūrin. Als Muster dafür dienen traditionelle Landschaften und Naturelemente. Es ist vor allem im Sommer als Dekoration für Garten und Haus in Japan beliebt, und sein Klang soll wohltuend und sogar heilend wirken.
In Zusammenarbeit mit Designern in der benachbarten Präfektur Aomori werden auch Okiagari-Koboshi hergestellt: Traditionelle zylinderförmige Stehaufpuppen, die als Glücksbringer für ein langes Leben gelten, da sie sich immer wieder selbst aufrichten.
Die Produktion von Nambu Cast Iron erfordert über 60 Schritte und die Zusammenarbeit von drei Handwerkern. Da diese Kunst so komplex ist, braucht man 15 Jahre, um sie vollständig zu erlernen. Erst nach 40 weiteren Jahren kann man sich Handwerksmeister nennen.
Langer Weg zum Nanbu-Tekki-Kunstwerk
Nehmen wir zum Beispiel die Herstellung eines Gusseisen-Wasserkessels von Iwachu: Geschmolzenes Eisen wird dabei in eine tönerne, von Hand hergestellte Form gegossen. Für den Tetsubin Arare, das weltweit bekannteste Design, werden mithilfe eines Stabs kleine Mulden eingedrückt, damit das charakteristische Muster entstehen kann. Allein das Brennen dieser Form braucht jahrelange Erfahrung und ist kennzeichnend für die japanische Gusseisen-Kunst. Auch die richtige Temperatur und Textur des flüssigen Eisens ist entscheidend. Für die absoluten Meisterwerke, die kaum zu bekommen sind, wird der Sandguss eingesetzt, eine alternative Methode, bei der feuchter Sand in eine vorher grob definierte Form gegeben wird, der dann als Gussform für das Eisen dient.
Herstellung einer Gusseisen-Teekanne - die Mulden für das Muster werden von Hand eingedrückt
Nachdem das Eisen abgekühlt und aus der Form genommen ist, wird es mithilfe von speziellem Werkzeug gehämmert und geschliffen, um aufwändige, kunstvolle Muster zu schaffen. Danach wird dem Meisterwerk noch ein Rostschutz verpasst: Dafür erhitzt man das Eisenerzeugnis in einem speziellen Ofen auf 900 Grad, der luftdicht verschlossen wird. Dann erzeugt man eine höhere Konzentration Stickstoff im Ofen, so, dass das Eisen nicht oxidieren kann. Zumindest nicht, bevor eine hohe Temperatur erreicht ist – dann wird nämlich eine sehr geringe Menge Sauerstoff hinzugefügt, die eine Oxidschicht und damit einen zuverlässigen Schutz gegen roten Rost bildet. Dieser „schwarze Rost“ ist für die charakteristische Farbe der althergebrachten Nanbu-Tekki-Produkte verantwortlich.
Die schwarze Schicht ist dabei nur 10 Mikrometer dick, im Vergleich zu den konventionellen 100 Mikrometern. So bekommt man den besten Schutz gegen Rost: Bei temperaturbedingter Ausdehnung des Eisens ist diese Nanbu-Tekki-Oxidschicht viel widerstandsfähiger, da sie sich leicht an diese Ausdehnung anpasst und nicht bricht.
Ein Unikat mit eigener Geschichte
Der vorletzte Schritt in der Nanbu-Tekki-Herstellung ist das Färben, das der Eisenware seine besondere Note verleiht. Dafür wird die Kanne auf 250 Grad erhitzt und Lack wird mithilfe einer Bürste aufgetragen. Man benutzt nur natürliche Gemische, etwa aus Essig und grünem Tee, um dem japanischen Gusseisen Farbe zu verleihen. Schließlich stellt ein speziell dafür ausgebildeter Schmied den Griff her, von denen es zwei Arten gibt: Die hohlen, nicht wärmeleitenden Fukurozuru und die kunstvollen Mukuzuru.
Eine weitere Besonderheit des Nanbu-Tekki-Gusseisens ist seine Dünnwandigkeit. Die gewünschte Form wird mithilfe von zwei Gussformen erreicht. Indem man möglichst wenig Platz zwischen der inneren Form, Nakago, und der äußeren Form lässt, bekommt man sehr dünnes japanisches Gusseisen.
Nanbu Tekki folgt dem japanischen Wabi-Sabi-Prinzip, das die Ästhetik der Einfachheit und Nachhaltigkeit schätzt. Mit Hingabe und jahrhundertelang perfektionierter Handwerkskunst entsteht ein hochwertiges Stück japanischer Philosophie. So passen die dezent, aber trotzdem kunstvoll gestalteten Nanbu-Eisenwaren in jede Küche und halten außerdem ein Leben lang.
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